Wie der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) mit Entsetzen und Unverständnis Medienmeldungen entnehmen musste, fordert Dieter Dombrowski, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion in Brandenburg im Namen seiner Fraktion, in Deutschland den strengen Schutz des Bibers zu lockern. Wieder einmal muss der Schutz von Deichen herhalten, um dem Biber wieder an das Fell gehen zu können. Ferner führt er weniger strengere Schutzmaßnahmen für den Biber im EU-Nachbarland Polen an.
Herr Dombrowski hat sich offenbar nicht gründlich genug mit dem Thema Biber, dessen Schutz und der Gründe der dringend notwendigen Beibehaltung des Schutzes beschäftigt.
Bereits seit dem frühesten Mittelalter verfolgte der Mensch den Biber. Zum einen diente das Fleisch, des irrtümlicherweise zum Fisch erklärten Säugetiers, sowie das Fell als Grund der massiven Bejagung. Das führte dazu, dass der Biber bereits im 12. Jahrhundert in England und im 16. Jahrhundert in Italien vollständig sowie zum Ende des 19. Jahrhunderts in Deutschland nahezu ausgerottet war. Nur eine Restpopulation Elbebiber hatte zum Anfang des 20. Jahrhunderts in Deutschland überlebt. Zurzeit leben in der Bundesrepublik Deutschland etwa 6.000 Tiere, welche sich auf Grund massiver Schutzmaßnahmen selbstständig wieder ausbreiten konnten bzw. durch Umsiedlungen einst verlorengegangene Räume erneut bevölkern.
Die Lebensweise des Bibers, wozu der markante Biberdamm für seine Biberburgen gehört, hat eine sehr wichtige ökologische und hydrologische Bedeutung in den Fluss- und Bachlandschaften mit ihren Auen. Mit dem Anstauen von Wasser entstehen neue Landschafts- und Naturräume, verbunden mit sehr günstigen Nahrungs- und Lebensbedingungen für Säugetiere, Wasservögel, Amphibien, Fischen und Insekten sowie wassergebundenen Pflanzen. Darüber hinaus trägt der Biber durch seine Fällungen von Bäumen zur Verjüngung von Auenwäldern sowie den Transport und Verbau von Weidenästen und –zweigen zur Vermehrung der Weide bei. Somit erfahren Fluss- und Bachlandschaften mit ihren Auen eine umfassende Ausweitung ihrer ohnehin schon hohen Arten- und Strukturvielfalt.
Zudem sorgen derartige Anstauungen für ein geregeltes Grund- und Schichtwassersystem, wovon auch angrenzende Flächen profitieren. Somit zählen durchaus Land- und Forstwirtschaft auch zu den Profiteuren des Bibers.
Nur nehmen die Bedrohungen des Bibers durch die zunehmende Zerschneidung und Versiegelung der Landschaft -u.a. durch Verkehrs- und Versorgungstrassen- sowie die Zerstörung von Feuchtgebieten, Gewässerausbau und intensive Gewässerunterhaltung stark zu. Etwa die Hälfte der aufgefundenen Biber im Land Brandenburg, sind laut Auskunft des hiesigen Ministeriums für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz, dem Straßenverkehr zum Opfer gefallen.
Diese besorgniserregenden Entwicklungen bedürfen nach Auffassung des AHA nicht nur eines umfassenden Einhalts, sondern einer umfassenden, unverzüglichen Gegensteuerung. Dazu gehört der Stopp weiterer Landschaftszerschneidungen aller Art, Rückbau nicht benötigter Versiegelungen auf dem Lande und in den Gewässern, Zulassung von eigenständigen Renaturierungen in Fließ- und Standgewässern, Beseitigung von baulichen Hindernissen und damit Wiederherstellung der Durchlässigkeit der Fließgewässer, Schaffung von mindestens 10 m breiten Gewässerschonstreifen beidseitig der Gewässeroberkante, Rückkehr zu einer größeren Arten- und Sortenvielfalt in der Landwirtschaft mit einhergehender wissenschaftlich fundierter Fruchtfolge, Anbaukultur und Wiedererhöhung eines miteinander verknüpftem Flurholzsystems bestehend aus Achsen und Inseln im Grün- und Biotopverbund, Schaffung ausreichender Möglichkeiten zur Renaturierung einer brutal ausgekohlten Landschaft, Beförderung und Umsetzung der wissenschaftlicher fundierter Maßnahmen im Kampf gegen die fortschreitende Verockerung der Fließgewässer in Folge jahrhundertlanger brachialer Bergbaumaßnahmen sowie einer eng damit verknüpften vielfältigen, wissenschaftlich fundierten Umweltbildungsarbeit.
Darüber hinaus gilt es auch an der Stelle auf die enge Verknüpfung zum nachhaltigen Umgang mit dem Hochwasser hinzuweisen. So dürfte auch Herrn Dombrowski die Forderungen zahlreicher Wissenschaftler und Organisationen nicht entgangen sein, dass flächendeckend und länderübergreifend bzw. bundesweit den Flüssen und Bächen verstärkt ihre Auen zurückzugeben sind, um zum einen wieder Hochwasserräume zurückzuerhalten und zum anderen Auenlandschaften wieder mehr Entwicklungsraum zu ermöglichen. Hierzu gehört unabdingbar der Biber als ein grundlegender natürlicher „Landschaftsgestalter“ mit dazu. Nicht der Biber ist das Problem, sondern das mehr oder minder weit vorgerückte Eindringen des Menschen in die Fluss-, Bach- und Auenlandschaften, um sie zu nutzen, zu „regulieren“ und nicht selten umfassend zu verbauen.
Daher darf es aus Sicht des AHA weder in Europa, noch in der Bundesrepublik und ihren Bundesländern, keinen einzigen Abstrich am strengen Schutz des Bibers geben !
Allein im Land Brandenburg bedarf es entsprechender, länderübergreifend bzw. bundesweit abgestimmter und koordinierter Maßnahmen in Sachen Umwelt-, Natur- und Landschaftsschutzes, der Umsetzung eines gemeinsam erstellten Konzeptes zum nachhaltigen Umgang mit Hochwasser sowie einer arten- und strukturreicheren, ökologisch orientierten Land- und Forstwirtschaft . Insbesondere zu nennen sind dabei in Brandenburg u.a. die Elbe, Oder, Neiße, Havel, Spree und Schwarze Elster sowie deren Nebengewässer.
Von daher ergeht seitens des AHA die dringende Aufforderung an den umweltpolitischen Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Dieter Dombrowski sich in seiner Fraktion dahingehend stark einzusetzen, dass die obengenannten Maßnahmen zur Umsetzung kommen und zudem auch im EU-Mitgliedsland Polen die alternativlosen strengen Schutzmaßnahmen Einzug halten. Es ist ja nicht neu, dass die CDU sich häufig an niedrigere Standards orientieren möchte. Das betrifft nicht nur Umwelt-, Natur-, Landschafts- und Klimaschutz, sondern auch die zahlreichen und bisher weitgehend ungelösten sozialen und kulturellen Fragen und Probleme. Leider steht sie hierbei mehr oder minder nicht alleine im europa-, bundes- und landespolitischen Raum da.