Wie Medienmeldungen -u.a. am 19.04.2016 in der BILD- zu entnehmen war, beabsichtigt die Prof. Schuh Securities GmbH Wohnanlagen im Gelände der früheren Papierfabrik Halle-Kröllwitz zu errichten und möchte dazu bereits im Jahr 2016 mit Bauarbeiten beginnen.
Der Arbeitskreis Hallesche Auenwälder zu Halle (Saale) e.V. (AHA) betrachtet diese Entwicklung mit großer Sorge, da sich die frühere, in den Jahren 1714/16 erbaute Papierfabrik Halle-Kröllwitz in einem ökologisch sensiblen Gebiet befindet, ein landschaftlich prägenden Standort darstellt sowie ein historisches Industriebauwerk in der Stadt Halle (Saale) bildet. Nach dem Gut Gimritz und dem Kurbad Wittekind haben hier wieder einmal Planungen stattgefunden, welche offenbar erneut ohne notwendiger Transparenz über die Bühne gehen sollen. Für den AHA ist es zudem verwunderlich, da es doch in den vergangenen 13 Jahren immer wieder hieß, dass die Eigentumsverhältnisse des Großteils des Geländes ungeklärt seien. Für den AHA ist daher der offenkundig stattgefundene Eigentumswechsel zur Prof. Schuh Securities GmbH sehr irritierend.

Selbstverständlich hält es der AHA für dringend geboten den Verfallsprozess der früheren, nunmehr 300 Jahre alten Papierfabrik Kröllwitz aufzuhalten und zu beenden. Nach Auffassung des AHA sollte jedoch eine sehr vielfältige Nutzung erfolgen, welche die Gesichtspunkte des Umwelt-, Natur-, Landschafts- und Denkmalschutzes berücksichtigt. Jedoch haben schon Baumfällungen während der Brutzeit stattgefunden, welche nicht akzeptabel sind. Ferner beabsichtigt man am Saaleufer den sukzessiv entstandenen Gehölzbestand zu vernichten.

Für den AHA ist es dabei sehr wichtig und dringend darauf hinzuweisen, dass das Gelände der früheren Papiermühle Halle-Kröllwitz in folgenden 4 Schutzgebieten eingebettet ist: in das Landschaftsschutzgebiet (LSG) „Mittleres Saaletal“, in das flächenhafte Naturdenkmal (FND) „Ochsenberg“, in das Geschützte Landschaftsbestandteil (GLB) „Park an der ehemaligen Papierfabrik“ sowie in das Naturschutzgebiet (NSG) „Forstwerder“, welches zum FFH-Gebiet „Nordspitze der Peißnitz und Forstwerder in Halle“ gehört.

So gab es über mehrere Jahre einen Brutverdacht der Wasseramsel im Bereich des alten Turbinenhauses. Der Rote-Liste-Vogel benötigt höhlenförmige Bruträume und besonderen Schutz. Das gilt es unbedingt zu beachten.
Auf Grund der ökologisch sensiblen Lage und möglicherweise zu erwartenden Zerstörungen, Störungen und Beeinträchtigungen an Fauna und Flora mit Einfluss auf die umliegenden Schutzgebiete, sieht der AHA die Durchführung einer Umweltverträglichkeits- und FFH-Verträglichkeitsprüfung für dringend geboten. Dies umzusetzen ist Aufgabe der Verwaltung der Stadt Halle (Saale) als zuständige untere Naturschutzbehörde.

Der AHA hatte bereits in seinen Stellungnahmen vom 03.02.2003 und 02.05.2005 u.a. folgende Anmerkungen und Vorschläge unterbreitet:

I. Mögliche Gestaltungskonzepte für das Gelände

Anstrebenswert ist die Wiederherstellung der noch vorhandenen denkmalswürdigen Bausubstanz und maschinell-technischen Ausstattung. (z.B. das Turbinenhaus in seiner ursprünglichen Gestalt) möglichst in ökologischer und energiesparender Bauweise. Dächer könnten nach Bedarf und Möglichkeit begrünt bzw. im Interesse einer optimalen Ausnutzung der Lichtenergie mit Solaranlagen zur Strom- bzw. Warmwassergewinnung ausgestattet werden. Damit verbunden empfiehlt sich die öffentliche Zugänglichkeit und Besichtigungsmöglichkeiten auf mehrere Formen der umwelt-, natur- und landschaftsschonenden Nutzung von regenerativen Energiequellen zu orientieren. Dazu gehört auf jeden Fall das Turbinenhaus mit seiner Maschinenausstattung.

Neben der Beseitigung einzelner „neuerer“ Bauten wäre es denkbar geeignete Areale des Komplexes im „Verfallzustand“ zur Veranschaulichung der Vitalität der Natur im Prozess der natürlichen Vegetationssukzession und ihrer besonderen Artenzusammensetzung in Hinblick auf das Themengebiet „was geschieht mit ehemals genutzten und bebauten Flächen, wenn die Eingriffe des Menschen aufhören“ zu erhalten und zu betreuen. Abgesehen davon, dass alte, ungenutzte Gebäudeteile idealen Lebens- und Rückzugsraum z.B. für Fledermäuse, Eulen und Insekten bieten können.
Wie auch in der Diplomarbeit „Arche Aqua“ dargelegt böte sich die Fläche nordwestlich vom Turbinenhaus als exzellenter Standort für Freiluftgastronomie an. Es ist ein sehr geeigneter Ort zum Einkehren und Verweilen mit vielseitigen und attraktiven Ausblick in die Saaleaue und nach Trotha. Die angrenzenden Gebäude gilt es als Gasträume umzubauen und zu nutzen. Die gewonnene Energie könnte direkt vor Ort gewonnen und bereitgestellt werden. Umwelttechnische, faunistische und botanische Vorfelduntersuchungen des Fabrikgeländes sind auf jeden Fall dringend geboten.

II. Mögliche Ausstellungsthemen

Ein bedeutsamer Kernpunkt gilt es in der Errichtung einer Wasserkraftanlage zu sehen, welche neben der Energieerzeugungsfunktion als „gläsernes Wasserkraftwerk“ fungieren kann. Damit verbunden wären Informationen zur Wasserkraftnutzung an der Saale und ihren Nebengewässern sehr sinnvoll. Damit eng verbunden bietet sich zwingend beim Thema „Regenerative Energien“ ein Vergleich ökologischer und ökonomischer Vor- und Nachteile zu anderen Energieerzeugungsformen an. Vorstellbar ist weiterhin eine Dokumentation der geschichtlichen Entwicklung des Fabrikgeländes, seines Nutzungswandels, der sozialen, ökonomischen und ökologischen Beziehung zum näheren Umfeld. Hervorgehoben sollten auch Besonderheiten der Topografie, Geologie, Erdgeschichte, Fauna und Flora sowie der Archäologie. Angebracht erscheint ferner eine intensive Auseinandersetzung zur Problematik des Umgangs mit industriellen Altlasten und zum Beispiel Aufzeigen möglicher Lösungswege anhand konkreter Beispiele vor Ort.

III. Anmerkungen zu den vorliegenden 3 Diplomarbeiten

1.) Diplomarbeit „Arche Aqua“ von Jörg Schwulst

Konzept Arche Aqua ist als Idee von verschiedenen thematischen Schwerpunkt auf dem Fabrikgelände gut.
Konzept Turbinenhaus „Gläsernes Wasserkraftwerk“ erscheint als Veranschaulichung der Funktionsweise an dieser Stelle sehr sinnvoll.
Dagegen sorgt „Geophysikalischer Wasserkreislauf“ für eine Überfrachtung und ist somit fehl am Platz. Glasdach und Aufzug in gläserner Röhre beeinträchtigt stark in der vorgeschlagenen Form die denkmalgerechte und historische Wiederherstellung des Gebäudes.

2.) Diplomarbeit „Gestalterische Konzeption für den Zugang zu einem Zentrum für regenerative Energien und beispielhafte Umsetzung“ von Ralph Nitsche

Die vorgestellten Gestaltungselemente sind interessant, aber stehen in keinem zwingenden thematischen Zusammenhang mit dem alten Fabrikgelände. Die Kosten für deren Herstellung, Installation und Wartung könnten im Verhältnis zum Nutzen sehr hoch sein.

3.) Diplomarbeit „Wärme, Kraft und Licht“

Die „Energiekaskade“ im Turbinenhaus als Beispiel für die Umwandlung der Energiezustände ist anschaulich. Jedoch stellt sich die Frage, ob sich die Konstruktion in der Größenordnung umsetzen lässt sowie mit dem Betrieb der Turbinen und für deren Betrieb notwendigen Anlagen vereinbar ist.

Der AHA beabsichtigt sich im Rahmen seiner Ortsgruppe Kröllwitz für eine ökologisch orientierte Nutzung des Geländes der früheren Papierfabrik Halle-Kröllwitz einzusetzen. Wer Interesse hat daran mitzuwirken, wende sich bitte an folgende Anschrift:

Arbeitskreis Hallesche Auenwälder
zu Halle (Saale) e.V. – (AHA)

Große Klausstraße 11
06108 Halle (Saale)
Tel.: 0345 – 2002746
Fax.: 01805-684 308 363
E-Mail: aha_halle@yahoo.de
Internet: https://www.aha-halle.de

Fotos Andreas Liste